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Firmen, die in der Schweiz bauen wollen, müssen erst zahlen

Die Schweiz steht für Schokolade, Bankgeheimnis und reichlich Nationalstolz. Ihre Uhren haben den Ruf, besonders präzise zu ticken. Auch beim Bauen setzen die Eidgenossen eigene Maßstäbe. Beim ersten Böpple-Auslandseinsatz, dem Bau einer Niederlassung für die Winkler-Gruppe in der Schweiz, stießen die Akteureauf etliche Unterschiede. Zum Glück waren es keine unüberwindlichen.

Was haben Flaschner auf dem Bau zu suchen?, wunderte sich der Schweizer Architekt Roland Bürki bei einer der ersten Baubesprechungen. Er dachte an Bier oder Wein, bis sich herausstellte, dass die Deutschen von einem Spengler sprachen. Andere Länder, anderes Vokabular. Weitere Beispiele gefällig? Gewerke sind in der Schweiz Arbeitsgattungen. Wer von einer Attika spricht, meint eine Dachwohnung auf einem Flachdach, nicht einen Dachrand. Und der Begriff Estrich steht schlicht für einen Abstellraum im Dachgeschoss.

Weniger Kontrolle

In Deutschland braucht man einen Prüfstatiker. Wofür das? In der Schweiz ist keine Kontrolle der Planunterlagen durch einen Prüfstatiker notwendig. Ein Planer erhält die Parzellengrundlagen vom Geometer und muss dann das Projekt selber einzeichnen und vermaßen. Die Unterschiede in den diversen Sicherheitsbestimmungen und Vorlagen überraschten Bürki. „Da könnte man meinen, der Blitz schlägt in der Schweiz anders ein", schmunzelt er, wenn er an die Brandschutzvorschriften denkt.

Lange und kurze Fluchtwege

Auch Christian Pötter, Projektleiter beim Bau der Winkler-Niederlassung im schweizerischen Egerkingen, denkt als erstes an den Brandschutz.„Offenbar brennt es in der Schweiz anders als in Deutschland", scherzt er. Er staunte nur so, wie vieles in der Schweiz in Bausachen anders geregelt ist. Fluchtwege dürfen im Nachbarland maximal 20 Meter lang sein, in Deutschland müssen im Notfall bis zu 35 Meter zurückgelegt werden. Mal sind Brandmeldeanlagen vorgeschrieben, mal nicht. Jeder Kanton regelt das anders.

90 Tage Maximum

Eines gilt aber für das ganze Land. Acht Tage bevor deutsche Handwerksbetriebe EU-Arbeitnehmer auf eine schweizerische Baustelle schicken, müssen sie diese anmelden, Darauf wird penibel geachtet und auch auf die Dauer des Einsatzes: 90 Tage im Jahr sind pro Mann erlaubt, mehr nicht.

180.000 Euro für die Steuerverwaltung

Noch ehe die Arbeit auf Schweizer Terrain überhaupt beginnen kann, muss der deutsche General Unternehmer umgerechnet knapp 180 000 Euro bei der dortigen Steuerverwaltung als Sicherheit hinterlegen. Sie werden erst zurück überwiesen, wenn das Projekt komplett abgewickelt ist. Und wer seine Leute samstags auf die Baustelle schicken will, muss sich das bewilligen lassen. Rechnerei auch bei den Löhnen. Jeder Mitarbeiter hat einen individuell ermittelten Mindestlohn, wobei das Lohnniveau generell höher liegt als hierzulande. Bei den Lebenshaltungskosten der Eidgenossen ist das keine Überraschung.

Individueller Mindestlohn

Für eine Handwerkerstunde werden dort 65 bis 80 Euro berechnet. Garantie für eine top Leistung gibt es so wenig wie in Deutschland. „Man kann hier wie dort Pech haben mit einem Gewerk" sagt Pötter.